Das Kreuz mit dem Knie: Die häufigsten Verletzungen am Knie und wie sie behandelt werden

Dr. med. Dominik Wilkens, leitender Oberarzt in der Unfallchirurgie

„Ob operiert werden muss oder nicht, kommt immer ganz auf die Art der Verletzung und den Leidensdruck des Patienten an. Wir entscheiden immer gemeinsam mit dem Patienten welche Therapie- und Behandlungsform für ihn die Richtige ist“

Ein abrupter Richtungswechsel beim Tennis, ein hartes Foul im Fußball oder ein Umknicken beim Joggen im Wald und schon ist es passiert: Unfälle im Sport sind keine Seltenheit. Statistisch gesehen trifft es fast jeden irgendwann - drei von vier Sportlern haben sich schon einmal verletzt. Dabei sind es nicht nur akute Unfälle, sondern auch Fehl- und Überlastungen beim Training, die auf Dauer zu Problemen führen können.

Besonders häufig ist das Knie betroffen. Warum das so ist, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und wie Sportler schnell und sicher wieder mit dem Training beginnen können, beantwortet Dr. med. Dominik Wilkens, leitender Oberarzt der Unfallchirurgie im ZOT, zertifizierter Knie- (DKG) und Gelenkchirurg (AGA) im Interview.

Herr Dr. Wilkens, warum ist es so häufig eine Verletzung am Knie, die zur unfreiwilligen Trainingspause führt?

Durch seinen komplexen Aufbau aus Muskeln, Bändern, Menisken und Kniescheibe ist das Knie prädestiniert für verschiedenste Verletzungen und Verschleiß. Die knöcherne Stabilität des Knies ist schlecht, das Gelenk wird im Wesentlichen von der Kapsel und den Bändern gehalten.

Die Kniegelenke sind im Sport oftmals starken Stoß-, Beuge- und Rotationsbelastungen ausgesetzt; insbesondere bei Sportarten mit schnellen Bewegungswechseln wie z. B. Fußball oder Tennis und Squash. Solche Extrembewegungen und -belastungen führen nicht selten zu Verletzungen der empfindlichen Strukturen im Kniegelenk.

Welche Knieverletzungen sehen Sie am häufigsten in der Praxis?

Meniskusverletzungen sind die häufigsten Sportverletzungen des Kniegelenks. Diese halbmondförmigen Faserknorpel wirken als entscheidende Stoßdämpfer im Kniegelenk. Ursache einer akuten Meniskusverletzung ist häufig eine Drehbewegung in gleichzeitiger Beugestellung des Kniegelenks.

Auch die Bänder sind häufig von Verletzungen betroffen, insbesondere das Innenband und das vordere Kreuzband. Meist beginnt es mit einer übermäßigen Dehnung mit darauffolgender Zerrung des oder der betroffenen Bänder. Ist die Krafteinwirkung sehr stark, reißt das Band – entweder teilweise oder vollständig.

Darüber hinaus führen intensive Über- oder Fehlbelastungen des Kniegelenks häufig zu Knorpelschäden. Anfällig für Knorpeldefekte ist man besonders bei kniebelastenden Sportarten wie Tennis.

Nicht selten kommt es bei einer Kniegelenksverletzung zu kombinierten Schäden an Bändern, Gelenkknorpel und Meniskus.

Wann sollten Sportler nach einer Knieverletzung einen Arzt aufsuchen?

Selbst anfangs harmlos wirkende Knieverletzungen sollten von einem Orthopäden bzw. einer Orthopädin untersucht werden. Denn unbehandelte Sportverletzungen führen fast immer im späteren Leben zu chronischen Schäden bis zur Arthrose.

Ziel ist es deshalb, akute Verletzungen so gut wie möglich zu versorgen, um die Langzeitfolgen möglichst gering zu halten.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Vorab: Eine einheitliche Lösung für alle gibt es nicht. Wir erarbeiten mit dem Patienten gemeinsam die Lösung, die für ihn am geeignetsten ist und berücksichtigen dabei individuelle Umstände. Wichtig für die Wahl der geeigneten Behandlungsmethode ist daher eine umfassende Information über das Verletzungsgeschehen. Das heißt: Wie kam es zu der Verletzung? Welche Beschwerden bestehen und seit wann? Traten an gleicher Stelle schon einmal Verletzungen auf? Darüber hinaus spielt der individuelle Leidensdruck eine entscheidende Rolle bei der Wahl der geeigneten Behandlungsmethode.

Die Behandlung folgt stets den gleichen Prinzipien: Schmerzlinderung, Wiederherstellung der Funktion und „Return to sport“. Viele Sportverletzungen können gut mit einer konservativen Therapie – also ohne Operation – behandelt werden. Beispielsweise durch Taping, Gelenkschonung oder das Tragen spezieller Einlagen und Orthesen, lokale Infiltrationen, Physiotherapie sowie schmerz- und entzündungshemmende Medikamente.

Sollte eine Operation doch notwendig sein, werden sportmedizinische Eingriffe an den Gelenken, wenn möglich, minimalinvasiv durchgeführt.

Wann können Sportler nach einer verletzungsbedingten Pause wieder mit dem Training beginnen?

Damit der Körper nach einer Sportverletzung wieder voll einsatzfähig werden kann und nicht bei kleinster Belastung rückfällig wird, braucht es eine langfristige und nachhaltige Rehabilitation. Konkret bedeutet das: Professionelle Betreuung, eventuell Physiotherapie und eine langsame und vernünftige Rückkehr zum Sport. Das erfordert Geduld und Ausdauer, ist aber der beste Weg zu einer vollständigen Genesung.

Wie kann man Verletzungen im und am Knie vorbeugen?

Training! Es gibt sehr gute Präventionsprogramme, die sich auch in diversen Studien bewährt haben. So kann man mit entsprechend regelmäßigem Training, zum Beispiel im Rahmen des Aufwärmens, Knieverletzungen um gut 50 Prozent verringern – das ist eine enorme Quote.

Es gibt verschiedene Programme zur Verletzungsprophylaxe, z.B. das FIFA 11+ Programm. Als Mitglied der Deutschen Kniegesellschaft (DKG) favorisiere ich das sog. Stop X Programm, was von ebendieser entwickelt worden ist. Das Programm beinhaltet eine Mischung aus Sprung- und Kräftigungsübungen, umfasst aber auch neuromuskuläres Training und Aufklärungsarbeit.

Meniskusverletzung

Meniskusrisse treten oft bei Sportarten wie Fußball, Handball oder Tennis auf, bei denen das Knie beim schnellen Stoppen verdreht wird. Es gibt verschiedene Arten an Meniskusrissen, die unterschiedlich starke Auswirkungen haben – im schlimmsten Fall kann ein Wurzelriss dazu führen, dass der Meniskus seine Stoßdämpferfunktion gänzlich verliert.

Während sich manche Risse konservativ behandeln lassen, müssen andere operativ versorgt werden. Dies wird in der Regel minimalinvasiv mittels einer Kniegelenkspiegelung (Arthroskopie) durchgeführt. Dabei ist es in jedem Fall besser, den Meniskus (wenn möglich) zu nähen, statt ihn teils zu entfernen. Ca. 60 – 80 Prozent der genähten Menisken heilen vollständig und in vielen Fällen beugt das Nähen der Entstehung oder dem Fortschreiten einer Arthrose vor.

Kreuzbandverletzung

Die Kreuzbänder sind bei vielen Sportarten hohen Zugkräften ausgesetzt und können im Extremfall durchreißen. Die Folge ist ein instabiler Unterschenkel, der „nach vorne“ rutscht, was als „Giving way Phänomen“ bezeichnet wird.

Nicht jedes Kreuzband muss operiert werden. Mittels Kraftübungen sowie Training zum Muskelaufbau und zur Stabilisierung kann eine deutliche Linderung der Beschwerden erzielt werden. Ist der Leidensdruck jedoch hoch und ein dauerhaftes Instabilitätsgefühl im Knie vorhanden, ist eine operative Versorgung angebracht. Dabei kann das Kreuzband entweder genäht oder durch eine körpereigene Kreuzbandplastik ersetzt werden – beide sind Standardeingriffe im ZOT, die in der Regel minimalinvasiv durchgeführt werden.

Knorpelverletzung

Verschlissenen Knorpel kann man nicht wiederaufbauen. Doch man kann den vorhandenen Knorpel schützen und die Schmerzsymptomatik angehen. Die matrixassoziierte autologe conditionierte Plasma-Therapie (m-ACT) ist beispielsweise eine schonende und nebenwirkungsarme Therapiemethode, die entzündungshemmend und schmerzlindernd wirkt. Hierbei wird dem Patienten körpereigenes Plasma in das betroffene Gelenk injiziert.

Bei klar begrenzten Knorpeldefekten, die von intaktem und stabilen Knorpel umgeben sind, verspricht die sog. Autologe Knorpelzelltransplantation (ACT) Hilfe. Körpereigene Knorpelzellen werden dabei zunächst arthroskopisch entnommen und durch ein spezialisiertes Labor angezüchtet, bevor sie letztendlich mittels eines minimalinvasiven Eingriffs direkt in den geschädigten Bereich implantiert werden.

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